Rechtsanwalt Dr. Daniel Kötz zu Agenturverträgen

Sep 4, 2023 #Agentur, #OnlyFans, #Vertrag
Rechtsanwalt Dr Daniel Kötz

Agenturverträge spielen für Models stets eine wichtige Rolle, gerade auch beispielsweise in Bezug auf OnlyFans. Bei der Beendigung eines solchen Vertrages kommt es oft zu Streitigkeiten. CASZIN konnte Dr. Daniel Kötz gewinnen, anhand einer konkreten gerichtlichen Entscheidung die Möglichkeiten und Grenzen einer solchen Vertragsgestaltung anhand eines konkreten Beispiels zu erläutern. Dr. Kötz ist Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht sowie gewerblichen Rechtsschutz. Er vertritt in der Kanzlei Kötz Fußbahn nationale und internationale Mandanten. Fragen des Bildnis-, Persönlichkeits- und Urheberrechts sowie Wettbewerbs- und Markenrecht sind das besondere Spezialgebiet des Rechtsanwalts. Medienstrafrecht ist ebenso eines seiner Tätigkeitsfelder.

Dr. Daniel Kötz:

Um was geht es?


Viele Fotomodelle sind „exklusiv“ an eine Agentur gebunden – manche wollen es, weil sie meinen, dann mehr und bessere Aufträge zu bekommen, andere bereuen es, weil die Agentur nicht hält, was sie versprach. Das ist bei OnlyFans, 4based und anderen nicht unbedingt erwünscht, aber man weiß, dass es anders kaum geht. Kein Mensch kauft ein Bild für viel Geld, wenn er nicht von dem Model entsprechend kontaktiert worden ist. Da wäre das restliche Internet schneller und vor allem billiger zu durchsuchen! Die Frage für Creators ist aber häufig: Was tun, wenn der Erfolg mit der aktuellen Agentur sich nicht einstellen will? Was, wenn man die Agentur wechseln oder allein tätig sein will?


Eine Gerichtsentscheidung:


Das OLG Celle (Urteil vom 1. April 2021, Az. 13 U 10/20) hat jetzt entschieden, dass ein Agenturvertrag mit langjähriger Bindung des Models an die Agentur unwirksam sein kann – hier waren es 5 Jahre mit Verlängerungsklausel. Ein 18-jähriges Fotomodell hatte einen sog. Agenturvertrag abgeschlossen. Hiernach sollte die Agentur sich um die Förderung der Karriere des Models kümmern und hierfür 25 % aller Einnahmen erhalten. Der Agenturvertrag war auf fünf Jahre befristet und sollte sich anschließend um jeweils zwei Jahre verlängern, wenn er nicht spätestens neun Monate vor Ablauf gekündigt wird. Das Model kündigte den Vertrag nach einer Laufzeit von rund sechs Jahren. Das passte der Agentur aber nicht. Die Agentur klage und verlor beim Landgericht Lüneburg. Die Agentur verfolgte daraufhin ihr Anliegen beim Oberlandesgericht weiter. Es ging dort zwar um die Tätigkeit als weltweit vermitteltes Fotomodell für Fashion usw., vergleichen lassen sich die Sachverhalte aber schon – oder?


Aus der Pressemitteilung des Gerichts (gekürzt):


Nach § 627 BGB kann ein Dienstvertrag…auch ohne wichtigen Grund und ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn er auf einer besonderen Vertrauensstellung beruht und Dienste „höherer Art“ zum Inhalt hat. Diese Regelung erfasst etwa Dienstleistungen von Ärzten…aber auch von Künstleragenturen. In dem vorliegenden Fall hatten die Parteien diese Regelung zwar… ausgeschlossen. Dieser Ausschluss war aber unwirksam, weil er in vorformulierten Vertragsbedingungen der Agentur enthalten war und das Model durch die langen Laufzeiten unangemessen benachteiligte. Die langfristige Förderung der Karriere von Künstlern könne es zwar rechtfertigen, die Kündigungsmöglichkeit für einen gewissen Zeitraum auszuschließen, weil sich Anfangsinvestitionen erst mit fortschreitender Karriereentwicklung rentierten. Sollten die Leistungen der Agentur aber nicht den Erwartungen des Models entsprechen, hätte dieses über einen langen Zeitraum faktisch keine Möglichkeit, die Agentur zu wechseln. Dies wog nach Auffassung des Senats umso schwerer, als gerade der Markt für Models mit zunehmendem Alter enger wird.


Stellungnahme


Eine OnlyFans-Agentur unterscheidet sich da schon. Es geht nicht um Karriere-Förderung im eigentlichen Sinne, sondern um Kontakte zu Kunden, die diesen das Gefühl geben, real mit dem Model zu kommunizieren. Zwar sind das wohl per se nicht „Dienste höherer Art“, die die Kündigung erleichtern, aber da der betroffene Content schon sehr persönlich ist – regelmäßig Akt- oder Teilaktbilder, fast immer mit Gesicht des Creators – wird man den Gedanken übernehmen können. Berücksichtigt werden muss wohl auch, ob und wenn ja wie die Agentur das Model mit eigenen Mitteln fördert, ob die Agentur selber Ausgaben tätigt, die über die Kosten eines oder einer Angestellten, der oder die einen Teil der Tätigkeit für den jeweiligen Creator aufbringt, hinausgehen.
Man muss im Einzelfall prüfen, was für ein Vertrag vorliegt. Ein „guter“ Agenturvertrag darf solche Regeln enthalten, vor allem, wenn Karriereförderung enthalten ist und auch geleistet wird. Denn diese Karriereförderung ist nicht lohnenswert für die Agentur, wenn der Creator mal eben kündigen kann und die Agentur nicht mehr am – mit erarbeiteten – Erfolg verdient. Auf der anderen Seite wird man niemanden zwingen können, weiter erotischen Content zu produzieren. Die Agenturen können bestenfalls untersagen, dass das Model mit einer anderen Agentur tätig wird (dort also den erotischen Content produziert), jedenfalls während des Laufs der Kündigungsfrist.
Jede Agentur ist gehalten, gute Verträge entwickeln zu lassen und diese nicht aus Versatzstücken aus dem Internet zusammenzubasteln – das geht regelmäßig schief, begünstigt allerdings u.U. den Creator, der sich leicht(er) auf unwirksame Klauseln berufen kann. Strebt ein Model eine OnlyFans- oder 4based-Karriere unter Nutzung von Agenturleistungen an, sollten ein paar Hundert Euro für eine solide Vertragsprüfung eingeplant werden.

Weitere Infos:
https://koetzfusbahn.de/

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(Fotocredit: Franz Beer)