DAC7 Meldepflicht für Plattformbetreiber – es wird ernst

Feb 2, 2024 #DAC7, #PStTG, #Steuerberater
Steuerberater Lars Rinkewitz

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Die Umsetzung der DAC7-Richtlinie betrifft ja alle Creators, die etwa mit Online Plattformen arbeiten, auf denen sie ihren selbst produzierten Content verkaufen. Die Datensammelwut der Finanzämter erreicht damit gewissermaßen europaweit ein neues Level. Ausgenommen sind lediglich Anbieter:innern, die weniger als 2000 € Jahresumsatz erzielen und weniger als 30 Verkäufe pro Jahr tätigen. Das erste Meldejahr ist 2023, die ursprüngliche Frist für die Abgabe der Daten seitens der Plattformbetreiber wurde gerade vom 31. Januar auf den 31. März 2024 verlängert, dennoch wird es ernst.

CASZIN sprach mit Steuerberater Lars Rinkewitz über die Einzelheiten des Plattformen-Steuertransparenzgesetz PStTG, das in Deutschland die europäische DAC 7 Richtlinie umsetzt.

CASZIN:
Entsprechend haben die Plattformbetreiber in den letzten Wochen die erforderlichen Daten ihrer Creators abgefragt. Sollten die Daten nicht vorliegen, wollen sie künftig die Auszahlung der von den Creators erzielten Umsätze verweigern. Sind sie dazu eigentlich berechtigt ?


Lars Rinkewitz:
Die Gute Nachricht: Die Meldungen der Plattformbetreiber an das Bundeszentralamt für Steuern für das Jahr 2023 müssen bis zum 31. März 2024 eingereicht werden. Die Frist wurde um zwei Monate nach hinten verschoben.

Wenn jetzt aber ein Anbieter der Anfrage des Plattformbetreibers nach den relevanten Informationen nicht nachkommt, hat der Plattformbetreiber zwei Möglichkeiten, die in § 23 PStTG festgelegt sind. Der Plattformbetreiber muss den Anbieter zunächst zwei Mal an die Vorlage der Daten und Informationen erinnern. Werden sie danach immer noch nicht geliefert, kann der Plattformbetreiber den Anbieter ausschließen. Das kann er durch eine Sperrung oder das Löschen der Registrierung machen. Zum anderen kann der Plattformbetreiber die Zahlungen der Vergütung an säumige Anbieter einbehalten. Beiden Maßnahmen dürfen spätestens 180 Tage aber nicht vor Ablauf von 60 Tagen nach der letzten Erinnerung vorgenommen werden. Sobald der säumige Anbieter die relevanten Daten geliefert hat, müssen die Maßnahmen aufgehoben werden.

Ja, sie sind dazu berechtigt, solange sie gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen. Im Hinblick auf das im Raum stehende Bußgeld, haben Plattformbetreiber auch ein eigenes Interesse daran, die Vergütungen einzubehalten.

CASZIN:
Die Finanzbehörden werden damit ein wirksames Mittel in die Hand bekommen, um eventuell nicht angegebene Einkommen zu erkennen. Wie kann man sich das in der Praxis vorstellen, wird es eine Art Automatismus zum Verfahren wegen Steuerhinterziehung kommen, sollte jemand seine oder ihre über diese Plattform erzielten Einkünfte nicht in der Steuererklärung angeben ?

Lars Rinkewitz:
Die Finanzbehörden bekommen über diese Meldungen viele Informationen. Plattformbetreiber melden von den Anbietern nicht nur alle Stammdaten (Name, Anschrift, etc.) und die steuerliche Registrierungen (Steueridentifikationsnummer, Umsatzsteuer-Identifikationsnummer), sondern auch die Höhe der Vergütungen. Die werden den Steuerpflichtigen eindeutig zugeordnet.

Die zuständigen Finanzämter der steuerpflichtigen Anbieter erhalten vermutlich Kontrollmitteilungen mit den erzielten Vergütungen. Die Finanzämter überprüfen anhand der vorliegenden Daten (Steuererklärungen, E-Bilanzen oder Einnahmen-Überschuss-Rechnungen), ob die Vergütungen auch im relevanten Zeitraum angegeben und erklärt wurden. Sollte sich dieses nicht klären lassen, kann es zu Nachfragen kommen. Oder es werden direkt Betriebsprüfungen eingeleitet.

Die Vergütungen müssen sowohl bei der Einkommensteuer (als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, als Einkünfte aus selbständiger Arbeit oder aus Gewerbebetrieb, als sonstige Einkünfte oder aus privaten Veräußerungsgeschäften) und möglicherweise auch bei der Gewerbesteuer und vor allem auch der Umsatzsteuer (je nach Höhe der jährlichen Vergütungen) berücksichtigt werden.

Fazit: Alle relevanten Verkäufe sollten in den abzugebenden Steuererklärungen angegeben werden. Nicht erklärte Umsätze oder Gewinne können eine Steuerhinterziehung sein. Die Überprüfung durch den Fiskus wird wesentlich einfacher.

CASZIN:
Nehmen wir einmal an, ein Creator hat seine oder ihre Tätigkeit im Laufe des Jahres 2023 eingestellt, bis dahin seit dem 1.1.2023 aber über 2000 € erzielt und kommt jetzt nicht der Verpflichtung nach, die entsprechenden Daten einzureichen. Damit ist eine Plattform in der unangenehmen Lage, dass sie die geforderten Daten nicht vollständig angeben kann. Droht dann zwangsläufig ein Bußgeld ?

Lars Rinkewitz:
Gegen Plattformbetreiber kann bei Nichteinhaltung der Vorschriften ein Bußgeld verhängt werden (§ 25 PStTG). Dazu gehören Verstöße bei den Registrierungspflichten, den Meldepflichten, der plausiblen Datenerhebung, der Durchsetzung der Mitwirkungspflichten gegenüber den Anbietern oder gegen die Auszeichnungspflichten. Je nach Verstoß sind dann Beträge zwischen 5.000 Euro und 50.000 Euro fällig. Es kann also teuer werden.

Daher werden Plattformbetreiber aus Eigeninteresse dafür sorgen, dass alle Daten zeitnah erhoben werden und zur Meldung vorliegen. Die Einholung der Informationen sollten direkt mit der Registrierung erfolgen.

Wichtig zu wissen: Das Bußgeld kann auch gegen die beim Plattformbetreiber handelnden Personen festgesetzt werden.

CASZIN:
Eine der größten Plattformen, OnlyFans, sitzt ja außerhalb der EU (UK). Auch OnlyFans fordert mit Vehemenz die kompletten Daten gemäß DAC7 von seinen Creators ein. Ist das in diesem Fall überhaupt notwendig ?

Lars Rinkewitz:
Grundsätzlich meldepflichtig können Plattformbetreiber sein, die in Deutschland, in einem anderen EU-Mitgliedstaat oder in einem Drittstaat ansässig sind und für die keine Befreiung nach § 11 PStTG gewährt wurde.

Plattformbetreiber können von der Meldepflicht befreit sein, wenn sie auf Antrag freigestellt wurden oder als sogenannte qualifizierte Plattformbetreiber gelten.

Auf Antrag kann ein Plattformbetreiber befreit werden, wenn die betriebene Plattform nicht von meldepflichtigen Anbietern genutzt werden kann. Die Bearbeitung des Antrags auf Befreiung durch das Bundeszentralamt für Steuern ist gebührenpflichtig und kostet 5.000 Euro. Für eine Verlängerung gibt es ein vereinfachtes Verfahren mit einer Gebühr von 2.500 Euro. Die Befreiung muss jährlich bis zum 31. Oktober für den folgenden Meldezeitraum beantragt werden. Eine Befreiung wird akzeptiert, sofern eine Befreiung von einem anderen Staat der EU genehmigt wurde.

Als qualifiziert wird ein in einem Drittland (also auch UK) ansässiger Plattformbetreiber anerkannt, wenn er dort einer vergleichbaren Meldepflicht unterliegt und Informationen dazu mit allen betroffenen EU-Mitgliedstaaten ausgetauscht werden. Für einen nicht in der EU ansässigen Plattformbetreiber (keine Betriebsstätte in Deutschland oder einem anderen EU-Mitgliedsstaat) existiert also eine Ausnahmeregelung zur Anmeldepflicht in Deutschland, sofern und soweit diese die geforderten Informationen an ihre örtlich zuständigen Behörden melden und diese mit den EU-Mitgliedstaaten ausgetauscht werden (§ 7 PStTG).

Für die Meldepflicht eines Plattformbetreibers in Deutschland ist ein Zusammenhang mit Deutschland notwendig. Dieser Zusammenhang kann sich aus dem Sitz oder der Geschäftsleitung, einer Registereintragung oder einer Betriebsstätte in Deutschland ergeben. Besteht ein solcher Zusammenhang in einem anderen EU-Mitgliedstaat, greift in diesem anderen Mitgliedsstaat die Meldepflicht. Auch eine Meldepflicht in mehreren EU-Mitgliedsstaaten kann sich somit ergeben.

Besteht keine Verbindung zu irgendeinem EU-Land, also auch nicht zu Deutschland, kann eine Meldepflicht des sich in einem Drittland ansässigen Plattformbetreibers dennoch greifen, wenn der Plattformbetreiber Aktivitäten von meldepflichtigen Anbietern oder die Überlassung von in der EU belegenem unbeweglichen Vermögen ermöglicht.

Da OnlyFans Daten der Anbieter einsammelt, gehe ich davon aus, dass sich OnlyFans selbst als meldepflichtiger Plattformbetreiber sieht. Und das nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen EU-Mitgliedsstaaten. OnlyFans sich möglicherweise auch eine rechtsverbindliche Auskunft beim Bundeszentralamt für Steuern eingeholt (§ 10 PStTG).

CASZIN:
Herr Rinkewitz, vielen herzlichen Dank für das Gespräch und die ausführlichen Antworten.

Kontakt:
Lars Rinkewitz, Steuerberater, Diplom-Kaufmann, Prokurist
ECOVIS KSO Steuerberater & Rechtsanwälte
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